Chronik der Freiwilligen Feuerwehr Gierswalde
Leben retten, Hab und Gut zu schützen war schon immer der Grundsatz der Feuerwehren.
Schon vor 1900 wurde nach der Polizeiverordnung in jeder Gemeinde des alten Kreises Uslar
eine vorschriftsmäßig ausgerüstete Ortsfeuerwehr eingerichtet. Bis 1927 bestand
in Gierswalde eine Pflichtfeuerwehr, Mitglied war jeder gesunde Bürger.
Ursprünglich erfolgte die Brandbekämpfung mit Ledereimern, die in einer Kette weitergereicht
wurden, aber schon im Jahre 1868 hatten die Pflichtfeuerwehren am Bollert eine gemeinsame
Feuerspritze angeschafft die in Volpriehausen untergebracht war.
In den Jahren 1901 bis 1925 gab es in Gierswalde einige Brände . . .
Durch den Bau der Bahnstrecke Bodenfelde - Northeim und der Burbach-Kaliwerke "Wittekind"
in Volpriehausen kam Leben in unsere Region und es kam zu vielen Vereinsgründungen.
Am 27. März 1927 wurde die Freiwillige Feuerwehr Gierswalde gegründet und löste die
alte Pflichtfeuerwehr ab :
Gierswalde den 27. März 1927
Am 27 März wurde vom Gemeindevorsteher eine Versammlung anberaumt, welcher auch der
Kreisbrandmeister Siebrecht beiwohnte, zwecks Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr.
Nach Vorlesen der Satzungen traten der Wehr folgende Mitglieder bei:
Friedrich Hilke Heinrich Fettkötther Heinrich Kirchner
Albert Knöfler Karl Becker Heinrich Henkelmann Karl Schulze Wilhelm Hennies
Karl Wegener Richard Wienecke Wilhelm Droste Karl Henkelmann
| Richard Knöfler Alfred Jordan Gustav Droste
August Wipprecht Georg Hennies August Becker Heinrich Schulze Heinrich Klinge I.
Friedrich Henkelmann Heinrich Ropeter Friedrich Kirchner
| Albert Grimme jun. Friedrich Klinge Heinr. Klinge II
Paul Müller Gustav Richter Wilhelm Grimme Wilhelm Klinge Friedrich Ruwisch
Heinrich Jordan Heinrich Heine Friedrich Siebrecht
|
Es wurde dann die Wahl des Vorstands vorgenommen. zum Hauptmann wurde Fried
Breckerbohm zum Leutnant Aug Fehling u. zum Feldwebel Albert Knöfler gewählt
Geschehen in der Gastwirtschaft Wilh. Klinge 3 Uhr nachmittags am 27. März 1927
Hauptmann Friedrich Breckerbohm |
Schriftführer Fried Henkelmann |
Es wurde ein Monatsgeld von 25 Pfennig gehoben.
Im November 1927 wurden das Spritzenhaus und die neue Handdruckspritze mit einer Spritzenübung
und anschließender Tanzveranstaltung eingeweiht.
26.2.1928 Besprechung Anschaffung der Uniform:
Die Röcke sollen von Schneidermeister Grimme geliefert werden mit Besatz und sämtlichen
Zutaten zum Preise von 23 Mark. . . .
Am 30.6.28 konnte der Hauptmann die Kameraden in der schönen neuen Uniform begrüßen
und es wurde beschlossen zum Verbandstag in Wahmbeck am 15. Juli mit dem Zug um 9 Uhr zu fahren.
Jeder Kamerad zahlte für die Uniform einen Anteil von 10 Mark aus eigener Tasche.
Es wurden einige Bälle und Theatervorführungen veranstaltet, die Wehr nahm regelmäßig
an den Übungen des Kreises Uslar und an den Festen der benachbarten Feuerwehren teil.
Bei Bränden wurde selbstverständlich nachbarschaftliche Löschhilfe geleistet und bereits
im Herbst 1928 war die Feuerwehr im Einsatz beim Brand der Schachtanlage Wittekind in
Volpriehausen. 1930 hatte sich die Wehr schon bei 3 Bränden bewährt.
Alarmsignale der Bergbau Akt. Ges. Wittekind (Volpriehausen):
fünfmaliges kurz hintereinander heulen mit der Sirene - blinder Alarm der Werksfeuerwehr.
10maliges Heulen mit der Sirene bedeutet Feuer in Volpriehausen oder Nachbardörfer.
10maliges Heulen, hierauf eine längere Pause und dann erneutes Heulen der Sirene bedeutet
Feuer auf Werk III.
1933 brannte der Dachstuhl des Wohnhauses Börke (Neustadt).
Gierswalde, 20. Sept. (Feuer) Aus unbekannter Ursache entstand in voriger Nacht auf dem Hausboden
des Zimmermanns Fr. Börke ein Schadenfeuer, das den Dachstuhl des Wohnhauses einäscherte. Die Feuerwehr
des Ortes leistete tatkräftige Löschhilfe.
Am 6.9. 1934 trat eine neue Satzung trat in Kraft und die Wehr wurde ins Vereinsregister eingetragen.
§ 2. Zweck
Der Verein hat den Zweck, im Rahmen des Gesetzes über das Feuerlöschwesen v. 15.12.1933
im Auftrag des Ortspolizeiverwalters die Gefahren abzuwehren, die der Allgemeinheit oder
dem einzelnen durch Schadenfeuer drohen . . .
Daraufhin wurde die Wehr neu gegliedert - der Vorstand wurde neu gewählt und einige Kameraden
traten aus dem neu gegründeten Verein aus . . .
1936 wurde der Löschverband der Ortschaften Volpriehausen, Schlarpe Delliehausen und Gierswalde gegründet.
In den Jahren 1939 bis 1945 war die Feuerwehr der Polizei untergeordnet und das
Vereinsleben kam völlig zum Erliegen.
Da die meisten Männer "an der Front standen", mussten im Falle eines Brandes die
jüngeren Frauen helfen. Aus dem Jahre 1942/43 existiert eine entsprechende Namensliste . . .
In den Jahren 1946 bis 1950 entwickelte sich nach den Kriegswirren nur schleppend ein
geregelter Dienstbetrieb - da von 29 Mitgliedern zeitweise nur 11 aktiv am Dienst
teilnahmen, musste die Neuwahl des Vorstands bis zum Jahr 1951 immer wieder
verschoben werden.
Das 25jährige Bestehen der Wehr wurde im Mai 1952 im kleinen Kreise gefeiert.
Am 23. November 1952 bekämpfte die Wehr einen Großbrand bei Gastwirt Klinge -
Stallungen, Scheune und der Saal brannten bis auf die Grundmauern nieder.
Da schnell große Teile des Anwesens in Flammen standen, konnte die Feuerwehr Gierswalde
allein mit ihrer Handdruckspritze kaum etwas ausrichten, nur durch die Hilfe der
Feuerwehren aus Volpriehausen, Bollensen und Uslar konnten der vordere Teil des
Wohnhauses und das Altenteilerhaus gerettet werden.
Dabei gab es allerdings einige Verzögerungen: Volpriehausen kam ohne Benzin für die
Motorspritze, die Ortsfeuerwehr Uslar hatte in der Eile die Schläuche im Trockenturm
hängen lassen und das Fahrzug der Werksfeuerwehr Ilse blieb kurz hinter Bollensen,
am Hufnagel, mit Motorschaden liegen, weil für den Winter das Kühlwasser abgelassen war.
Zwei Feuerwehrleute wurden durch Trümmerteile und ein herumschlagendes Strahlrohr verletzt.
Kurz darauf zählte die Wehr wieder 60 Mitglieder und in den folgenden
Jahren fand ein reges Vereinsleben statt.
Die Ausscheidungswettkämpfe für Handdruckspritzen des Altkreises Uslar wurden am
26. Mai 1957 anlässlich des 30jährigen Bestehens der Feuerwehr in Gierswalde ausgerichtet.
1961 wurde von der Gemeinde Gierswalde eine moderne Motorspritze TS 8/8 beschafft,
die nach 34 Jahren die alte Handdruckspritze ablöste.
Das 40jährige Bestehen der Feuerwehr wurde im Juli 1967 mit einem grossen Zeltfest gefeiert.
1968 wurde für die TS ein gebrauchter Anhänger angeschafft, vorher musste sie bei einem
Einsatz auf landwirtschaftlichen Fahrzeugen transportiert werden.
In den folgenden Jahren gab es einige kleinere Einsätze, unter anderem zwei Waldbrände.
Im November 1977 wurde der Feuerwehr Gierswalde zum 50jährigen Jubiläum ein gebrauchtes
Tragkraftspritzenfahrzeug übergeben. Bereits 4 Wochen später - am 3. Dezember - war das
Fahrzeug zum erstenmal im Einsatz zur nachbarschaftlichen Löschhilfe bei einem Grossbrand
in Volpriehausen.
1981 änderte sich die Farbe der Feuerwehr, als die alten blauen Uniformen durch rote
Einsatzjacken ergänzt wurden. Mit dieser auffälligen Signalfarbe und reflektierenden
Streifen kann man im Einsatz nicht mehr so leicht übersehen werden.
Im Rahmen einer Feierstunde wurde am 5. August 1983 das neue Feuerwehrhaus in der
Dorfgemeinschaftsanlage eingeweiht. Der Schlüssel wurde durch den stellvertretenden
Stadtbrandmeister Heinrich Schormann an Ortsbrandmeister Karl Wienecke überreicht.
Am 27. November 1983 um 22:15 zerstört eine Gasexplosion das Wohnhaus von Fr. Klinge.
Ursache der Explosion war ein defekter Ofen aus dem Flüssiggas ausgeströmt war und sich
im ganzen Haus verteilt hatte. Die Explosion wurde vermutlich durch die Zündflamme
eines weiteren Ofens im Wohnzimmer ausgelöst.
Durch die Druckwelle, die noch in den Nachbarorten als dumpfer Knall zu hören
war, wurde das Haus in einen Trümmerhaufen verwandelt. Mauerbrocken, Fenster und
Einrichtungsgegenstände flogen über die Straße bis zu hundert Meter weit und richteten
auch an den benachbarten Häusern großen Schaden an.
Glück im Unglück hatte das Ehepaar Klinge, das sich zum Zeitpunkt der Explosion
im Hausflur aufhielt, der als einziger Raum des Gebäudes einigermaßen erhalten blieb.
Der außenliegende Gastank wurde durch die Explosion in den neben dem Haus fließenden
Rehbach geschleudert und mußte gegen Abtreiben gesichert werden.
Pokalwettkämpfe in Fürstenhagen 1985 mit alter Handdruckspritze: eine "neue" Aufgabe für die Gruppe
Im Juni 1992 wurde die alte Tragkraftspritze von 1961 durch eine neue TS der Firma
Rosenbauer ersetzt. Aufgrund ihrer hohen Saugleistung wird diese TS bei den gemeinsamen
Übungen des Löschverbandes mit Vorliebe an der Wasserentnahmestelle eingesetzt.
1994 wurde das alte Tragkraftspritzenfahrzeug ausgemustert und durch ein modernes TSF
ersetzt das nach Norm DIN 14530 Teil 16 mit Atemschutzgeräten ausgestattet ist.
1998 kam es nach tagelangen Regenfällen zum größten und längsten Einsatz in der
Geschichte der Orts-Feuerwehr Gierswalde. Beim Jahrhunderthochwasser am 28. Oktober
musste zunächst "nur" die Bundesstraße von Schlamm befreit werden - dann allerdings
trat unaufhaltsam der Rehbach über die Ufer, so daß bald das halbe Dorf unter Wasser
stand und mehrere Wohnungen leergepumpt werden mußten. Die Aufräum-Arbeiten dauerten
bis zum 1. November.
Mitglieder der Feuerwehr Gierswalde im März 2002
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